09. März 2006
Beschluss des Ausschusses für Planung des Zweckverbandes Mittelzentrum Bad Segeberg – Wahlstedt:
Da das Asphaltwerk nicht nur für die A 20 Asphalt liefern wird, sondern in ganz Schleswig-Holstein und weiteren Teilen Norddeutschlands tätig ist, ist von einer sehr langfristigen Ansiedlung auszugehen. Vor diesem Hintergrund besteht im Planungsausschuss Konsens, die erforderlichen hydraulischen Berechnungen in Auftrag zu geben.
Uns vorliegende Kopie des Protokolls von Do., 09.03.2006, 19:00-20.18 Uhr, Raum 1.02 des Rathauses in Bad Segeberg, Auszug aus TOP 7.2
(Es geht um die Entwässerung des Asphaltmischwerk-Grundstücks.)
Frage des Verfassers: Ist es möglich, einen solchen Auftrag binnen drei Wochen – bis zur Genehmigung am 30.03.2006 – in Auftrag zu geben, zu erstellen und zu bearbeiten? Ist dies erforderlich? (vgl. unten: 30. März 2006)
Diese Vorgehensweise zeigt wenig Sachkenntnis seitens der verantwortlichen Politiker. Asphaltmischwerke produzieren laut vorliegender Expertenaussage kaum Abwässer.
13. März 2006
Der Ausschuss für Planung, Bau und Verkehr der Stadt Wahlstedt stimmt dem Vorhaben – Einrichtung und Betrieb einer Asphaltmischanlage durch die Firma Papenburg in Wahlstedt, Industriestraße 8a – zu und erteilt in nicht öffentlicher Sitzung das gemeindliche Einvernehmen. Es gibt hierzu auch keinen ausgewiesenen Tagesordnungspunkt in der betreffenden Tagesordnung vom 13.03.2006.
30. März 2006
Das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) erteilt die erste Teilgenehmigung für die Errichtung einer Asphaltmischanlage in Wahlstedt. (Vgl. oben: 09. März 2006)
07. Mai 2006
Bürgermeister Sven Diedrichsen wird nach sechs Jahren für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Sein Vorgänger im Amt (1974 – 1998) war Rudolf Gußmann.
08. Mai 2006
In der Sitzung des Ausschusses für Planung, Bau und Verkehr der Stadt Wahlstedt wird die Entscheidung der Stadt über ein gemeindliches Einvernehmen zur Errichtung eines Asphaltmischwerkes nicht bekanntgegeben. Die Öffentlichkeit wird nicht unterrichtet.
23. Mai 2006
Anwohner der Hans-Dall-Straße verfassen zur Information der Bürger in der Nachbarschaft ein Rundschreiben zu den Belästigungen durch die Asphaltmischanlage. Bei einem Anwaltsbüro habe man sich erkundigt. Die Kanzlei empfahl, einen zur Verfügung gestellten Mustertext, von allen Beschwerdeführern ausgefüllt und unterschrieben, per Einschreiben an die Stadt zu senden. Nach Eingang der Antwort soll bei einem Treffen über das weitere Vorgehen beraten werden, z.B. die Einschaltung eines Anwalts erwogen werden.
24. Mai 2006
Mehrere Anwohner des Birkenwegs beklagen sich bei der Stadt Wahlstedt über Lärm und Gestank von der Asphaltmischanlage Papenburg:
…Durch die lauten Betriebsgeräusche und die Gerüche der Anlage, egal bei welcher Windrichtung, erfahren wir nachfolgende Belästigungen und Beeinträchtigungen: 1. Ein Aufenthalt auf unserem Grundstück ist bei diesem Lärmpegel und der Geruchsbelästigung nicht mehr zumutbar. 2. Im Büro und Wohnhaus hören wir trotz geschlossener Fenster und Türen beeinträchtigend die Betriebsgeräusche. 3. Mit Betriebsbeginn, künftig werktags ab 02.00 Uhr nachts, ist nicht mehr an Schlaf zu denken. Wir melden schon jetzt Schäden psychischer Art, Wertminderung aller Nutzungsbereiche, sowie eine Immobilienwertminderung an…
29. Mai 2006
Die Stadt Wahlstedt bestätigt den Eingang des Schreibens vom 24.05.2006.
30. Mai 2006
Der damalige Bürgermeister Sven Diedrichsen beantwortet den Beschwerdebrief der Anwohner des Birkenwegs vom 24. Mai:
…Die Stadt Wahlstedt hat zu diesem Bauvorhaben keine Genehmigungen erteilt.
Für ein derartiges Bauvorhaben ist eine Genehmigung nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erforderlich. Genehmigungsbehörde ist das Staatliche Umweltamt Itzehoe… Aufgrund der Beteiligung am Genehmigungsverfahren sind mir jedoch folgende Tatsachen bekannt: … Vielmehr wird die Anlage in der Zeit der Nachtruhe (22:00 Uhr bis 06:00 Uhr) und an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht betrieben. In der Zeit von 04:00 Uhr bis 06:00 Uhr kann die Mischanlage aufgewärmt werden. Voraussetzung für eine Genehmigung ist, dass auch bei ungünstigen Winden die zulässigen Lärmpegel auf Ihren Grundstücken eingehalten werden…
01. Juni 2006
Das LLUR erteilt die zweite Teilgenehmigung für den Betrieb einer Asphaltmischanlage in Wahlstedt, entsprechend §19 BImschG (Bundesimmissionsschutzgesetz) im vereinfachten Verfahren. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung findet dabei nicht statt.
29. August 2006
Antwortschreiben der Stadt Wahlstedt (Herr Köll): Einladung zu einem Informationsgespräch zur Asphaltmischanlage Papenburg am 12. September 2006. Ein für Juni geplantes Gespräch sei leider nicht möglich gewesen.
31. August 2006
31.08.06 – abnormer Krach und Gestank. — Um 23:20 noch immer ganz starker Krach.
Handschriftliche Notiz eines Anwohners aus dem Birkenweg (Original liegt vor)
23. Oktober 2006
Schreiben der Stadt Wahlstedt (Herr Köll) an Anwohner Wahlstedts über die Informationsveranstaltung zum Asphaltmischwerk am 12.09.2006.
Es seien mehr als 70 Besucher gezählt worden, darunter Vertreter von Presse, Behörden und der Firma Papenburg. Ein offizielles 5-seitiges Protokoll sei beigefügt.
ES FOLGEN WORTGETREUE AUSZÜGE AUS DIESEM PROTOKOLL:
„Niederschrift zur Informationsveranstaltung „Ansiedlung Asphaltmischwerk der GP Papenburg AG“ am 12.09.2006 um 18.00 Uhr in der Begegnungsstätte…
(Protokoll Stadtbauamt, 05.10.2006):
„…Für den Bereich, auf dem die Firma Papenburg ihren Betrieb errichtet hat, besteht kein Bebauungsplan. In diesem Fall ist gemäß § 34 Baugesetzbuch ein Vorhaben dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß in die nähere Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die nähere Eigenart der Umgebung ist durch gewerbliche Nutzung geprägt. In etwa 200 m Luftlinie befinden sich die nächstliegenden Gebäude, die von ihrer Gebietscharakteristik einem allgemeinen Wohngebiet zuzuordnen sind.
Aufgrund dieser Rechtssituation war das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich. Dieses wurde durch einen entsprechenden Beschluss des Ausschusses für Planung, Bau und Verkehr hergestellt, nachdem zuvor unter Einbeziehung von Fachbehörden des Kreises und des Staatlichen Umweltamtes die Sachlage aus den verschiedenen Blickwinkeln geprüft worden war.
Die Firma Papenburg hatte also ein Baurecht. Das denkbare Versagen des Einvernehmens hätte demnach zu einer Rechtsbeugung geführt.
Die einzige Alternative für die Stadt wäre gewesen, die Beschlüsse für die Aufstellung eines Bebauungsplanes und eine Veränderungssperre zu fassen. Aber auch diese Alternative ist kritisch zu betrachten, weil unter Einbeziehung der näheren Umgebung auch im Zuge eines Bebauungsplanes keine andere Nutzung festgeschrieben werden könnte, als ein Gewerbegebiet.
Herr Diedrichsen weist darauf hin, dass die Stadt Wahlstedt als Standortgemeinde lediglich zum Planungsrecht angehört wird und das eigentliche Baugenehmigungsverfahren auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes durch das Staatliche Umweltamt erteilt wurde…
…Für sie (Frau Resenhoeft, eine Anwohnerin, d. Verf.) stellt sich die Frage, wie man auf die Idee kommen konnte, einen solchen Betrieb an dieser Stelle zuzulassen. Die Interessen der örtlichen Bevölkerung seien in keiner Weise gewürdigt worden… Sie ist der Meinung, dass die Stadt aufgrund der Rechtslage das vorliegende Baurecht durch gezielte Planung hätte verhindern können…
Zum Thema Geruchsbelästigung teilt Herr Blum (Staatliches Umweltamt Itzehoe) mit, dass ein Gutachten vorliegt und demnach keine wesentlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind…
…Frau Vollmers wirft ein, dass es von morgens bis abends erheblich stinkt…
…Frau Fink, Vorstand des Kinderschutzbundes (Anm.d. Verfassers: Betreiber des benachbarten Kindergartens ist der Kinderschutzbund), berichtet von beißendem Teergeruch und fordert, dass die Prognosewerte kurzfristig überprüft werden.
Frau Klinge hat in jüngster Zeit schmierige Teerpartikel auf ihren Gartenmöbeln festgestellt, die sich nur unter großer Anstrengung entfernen lassen. Außerdem stört der in den frühen Morgenstunden haltende Zug in unmittelbarer Nachbarschaft den Schlaf. Während der „Parkdauer“ läuft der Motor der Lokomotive ständig…
Herr Blum (Staatliches Umweltamt Itzehoe) kann einen Zusammenhang zwischen der Firma Papenburg und den genannten Teerpartikeln nicht herstellen, weil seine Messungen nur einen geringen Staubwert von 20mg/Kubikmeter aus dem Schornstein ergeben haben…
Herr Klinge (Birkenweg) hat…in der Nähe des Betriebes einen beißenden Geruch festgestellt…
…Mehrere Bürger fordern, dass nicht nur am Schornsteinkopf der Staubwert ermittelt werden sollte, weil er in der Hauptsache von den Splitlagern herrührt. Im Gildewald, im Kindergarten stank es und es war laut. Alle, die sich dort aufhielten, fühlten sich nicht gut…
…Herr Klinge ist davon überzeugt, dass die Befüllung der Bitumentanks die Geruchsbelästigung erzeugt. Die Befüllungsanlage sollte entsprechend dem Stand der Technik eingehaust werden…
…Herr Kaufmann (Firma GP Papenburg) räumt ein, dass in der Vergangenheit einige Pannen passiert sind…
…Ein Herr…bittet das Staatliche Umweltamt um gründliche Prüfung vorgelegter Messergebnisse. Er schließt Fehlmessungen nicht aus, weil er beispielsweise beobachtet hat, dass Messungen im Lärmschatten seines Hauses vorgenommen worden sind…
…Die Firma Papenburg wird von verschiedener Seite angeregt, Maßnahmen zur Staubbindung zu ergreifen, z.B. durch Beregnung. Herr Kaufmann erwidert hierzu, dass Beregnungen in sehr trockenen Perioden vorgenommen wurden. Die Fahrbereiche werden alle 14 Tage gekehrt und abgesaugt. Die Radladerbereiche werden demnächst überdacht…
…Herr Kaufmann erklärt, dass Fehlverhalten unverzüglich abgestellt wird und die Firma alle technischen Maßnahmen zur Einhaltung der Vorschriften unternimmt…
…Herr Blum …sagt, … er als zuständiger Mitarbeiter des Staatlichen Umweltamtes wird mit seinem fachlichen Können die Inhalte (Anm. d. Verf.: Inhalte der Gutachten) detailliert bewerten und penibel darauf achten, dass die rechtlichen Vorschriften eingehalten werden…
…Ende der Veranstaltung: ca. 20.15 Uhr, gez. Köll (Protokollführer)
(Kopie des Originalschreibens liegt vor)
November 2006
Anfrage eines Anwohners des Wacholderwegs an den Bürgermeister der Stadt Wahlstedt bezüglich des Genehmigungsverfahrens der Anlage.
16. November 2006
Auskunft des Staatlichen Umweltamts Itzehoe (StUA) auf Fragen, die der oben genannte Anwohner dem Bürgermeister der Stadt Wahlstedt gestellt hatte, bezüglich des Genehmigungsverfahrens des Asphaltmischwerks:
Vor Erteilung der Genehmigung hat es unter anderem auch Gespräche mit der Stadt Wahlstedt gegeben. Außerdem hat der Planungsausschuss der Stadt Wahlstedt dem Vorhaben am 13.03.2006 zugestimmt und das gemeindliche Einvernehmen erklärt….
…Die betreffende Asphaltmischanlage…wird gemäß dem Stand der Technik betrieben, welcher sich aus der TA Luft ergibt. In der TA Luft wird jedoch nicht der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen geregelt…Diese Regelungslücke wird durch die Geruchsemissions-Richtlinie (GIRL) gefüllt. Aus dieser geht hervor, dass nur Gerüche als erhebliche Belästigung gewertet werden, wenn sie in Wohn- und Mischgebieten 10% der Jahresstunden…überschreiten (Nr. 3.1 GIRL)… Weil das Asphaltmischwerk…weniger als 10% der Jahresstunden in Betrieb ist, gehe ich davon aus, dass es zu keiner erheblichen Belastung durch diese Anlage kommt…
(Es folgen Links zu den entsprechenden Gesetzen.)
Hier zeigt sich das oft angewendete Ermittlungsprozedere: Durch die Verrechnung der tatsächlichen Produktionszeiten mit den übrigen produktionsfreien Tagen des Jahres (jahreszeitlich bedingt durch niedrige Temperaturen unter 10 Grad C) werden die realen Belastungen heruntergerechnet. Dieses Verfahren ist nicht realitätsgerecht, aber legal. Den Schaden haben die Bürger.