FOCUS (11/2019): Deutschlands Baugewerbe ist in Aufruhr – und droht mit einem kompletten Stopp der Straßenarbeiten schon ab dem nächsten Jahr. Grund dafür ist eine neue Vorschrift des Bundesarbeitsministeriums, die Straßenbauarbeiter besser vor Asphalt-Dämpfen schützen soll.
Deutschlands Baugewerbe ist in Aufruhr – und droht in einem Brandbrief mit dem kompletten Stopp von Straßenarbeiten ab nächstem Frühjahr, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet. Grund dafür ist eine neue Vorschrift des Bundesarbeitsministeriums, die Straßenbauarbeiter besser vor Asphalt-Dämpfen schützen soll.
Drastische Reduzierung der Grenzwerte
Aerosole und Bitumendämpfe sollen demnach einen Grenzwert von 1,5 Milligramm je Kubikmeter Luft nicht mehr überschreiten. Das wäre eine drastische Reduzierung: Bisher, so die Bauverbände, würden 8 bis 12 Milligramm freigesetzt. Die genaue Menge hängt von der Verarbeitungstemperatur des Asphalts ab – je heißer, desto mehr Dämpfe entweichen.
Würde die Temperatur unter die bisher üblichen 200 Grad abgesenkt, wie es die Regierungsbehörde vorschlägt, treten zwar weniger giftige Dämpfe aus. Doch gleichzeitig sinkt die Qualität des Asphalts: Er sei dann anfälliger für Schäden und die Baufirmen könnten ihre Gewährleistungspflicht nicht erfüllen, heißt es in dem Brief, den die Präsidenten des Baugewerbe-Zentralverbands ZDB und des Hauptverbands der Bauindustrie, Reinhard Quast und Peter Hübner, an Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) geschickt haben.
„Absaugeinrichtungen“ für Teermaschinen
Alternativ könne jede Teermaschine mit einer „Absaugeinrichtung“ ausgestattet werden, erklären die Verbände. Doch eine Nachrüstung von Maschinen wäre extrem teuer: 500.000 Euro setzen die Bau-Bosse an – für jede einzelne Maschine. Vorausgesetzt, die Umrüstung ist technisch überhaupt möglich.
Und es gibt ein weiteres Problem: Die neue Vorschrift soll bereits ab dem kommenden Frühjahr gelten. Die Industrie könnte die für die Umrüstung benötigten Mengen aber gar nicht auf einmal liefern: Die Verbände gehen von einer Umrüstzeit von acht Jahren aus. Sollte der neue Grenzwert wie geplant in Kraft treten, müsse deshalb im Frühjahr „fast der gesamte Straßenbau“ eingestellt werden.
IG Bau kritisiert Panikmache
Die IG Bau wirft der Industrie „Panikmache“ vor. Dietmar Schäfers, Vize-Chef der IG Bau, sagte der „Bild“: „Mit Panikmache kommen wir nicht weiter. Acht Jahre Übergangsfrist, wie die Bauindustrie sie fordert, sind weit überzogen. Ebenso die Drohung mit einem kompletten Baustopp.“
In Frankreich habe man das Problem längst gelöst, so Schäfers weiter: „Dort sind Asphaltmaschinen seit Jahren mit Abzugshauben versehen – und wurden viel schneller nachgerüstet als in acht Jahren.“
Anmerkungen: Die im Bericht erwähnten giftige Dämpfe entstehen bei der Herstellung von Asphalten, für deren Schadstoffausstoß der Aerosole es keinen Grenzwert gibt. Würde der von der Bundesregierung bei der Verarbeitung von Heißasphalten geforderte Grenzwert von 1,5 Milligramm je Kubikmeter Luft auch für Asphaltanlagen gelten, so wären auch die betroffenen Anwohner in der Umgebung von ca. 700 Anlagen in der BRD besser geschützt.
Weiterführende Informationen:
- Streit um Grenzwert für Asphaltdämpfe (MDR): https://www.mdr.de/nachrichten/politik/gesellschaft/umwelt/streit-grenzwerte-asphaltdaempfe-100.html
- Dämpfe und Aerosole aus Bitumen bei der Heißverarbeitung (ASU): https://www.asu-arbeitsmedizin.com/praxis/auf-gewundenen-strassen-zum-verbindlichen-arbeitsplatzgrenzwert-daempfe-und-aerosole-aus