Rundbrief Januar 2021

Liebe Anwohner/Innen, liebe Mitstreiter/Innen,

wir wünschen Ihnen ein gutes und gesundes neues Jahr 2021 und sind gespannt, was dieses Jahr außer Corona für uns bereit hält.

Seit unserem letzten Rundbrief ist viel Zeit vergangen und wir möchten Ihnen gerne wieder einen kurzen Zwischenbericht unser Aktivitäten zukommen lassen.

Wir waren in der Zwischenzeit nicht untätig und haben unzählige Emails und Briefe geschrieben und viele Beschwerden, Anfragen und IZG-Anträge (Anträge nach dem Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein) an Behörden und andere öffentliche Einrichtungen gestellt.

Z.B.: an

  • die Stadtwerke Wahlstedt
  • das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR)
  • den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV)
  • an die Firma Wegener Baustoffe GmbH & CoKG
  • Die Stadtwerke Wahlstedt konnten uns unsere Anfrage, wer außer der Firma Wegener zusätzlich das Industriegleis für die Anlieferung von Baustoffen nutzt, bis heute immer noch nicht beantworten. Unsere Hoffnung beruht nun auf der Kompetenz des neuen Geschäftsführers. Vielleicht kann er die Aussage einer Mitarbeiterin des AMW bestätigen, dass u.a. auch die Baustofffirma Giese über das Industriegleis beliefert wird, was eine enorme Steigerung des LKW-Verkehrs für Wahlstedt bedeuten würde.
  • Vor Beginn der Winterpause kam aus dem Schornstein des Asphaltmischwerkes ausschließlich tiefschwarzer, übel riechender Qualm, da Unmengen von Recyclingmaterial von der Abfallverwertungsanlage in der Kiesgrube auf das Betriebsgelände des AMW transportiert worden sind (das bedeutet auch zusätzlichen LKW-Verkehr!) und auch z.T. schon verarbeitet worden sind. Die restlichen Halden sind auf dem Werksgelände zu besichtigen!
Höher geht es nicht!
Schwarze Halden, wohin man nur schaute
  • Die vier Lecks, aus denen am 05./06.08.2020 tiefschwarzer Qualm in großen Mengen über Wahlstedt verteilt wurde, wurden unter Aufsicht des LLUR beseitigt!
  • Der LBV hat uns mitgeteilt, dass die im Mai durchgeführte Lärmimmissionsmessung nicht zu beanstanden war, obwohl keine Gesamt-Lärmimmissionsmessung durchgeführt wurde.

Inzwischen hat sich aber ergeben, dass die im Frühjahr durchgeführte Lärmimmissionsmessung hinfällig geworden ist.

Die Forderung nach einer erneuten Lärmimmissionsmessung wird von uns gestellt, weil die beauftragte Firma (M.O.E.GmbH) in einem Schreiben an den LBV angeführt hat, dass die Messung nicht korrekt war.

Auszug eines Schreibens der M.O.E. GmbH an den LBV:

2.2.3 Ermittlung des Beurteilungspegels

Der hier zur Anwendung gekommene LA95 ist für diese Messaufgabe in der Tat nicht korrekt. Daher wird der o.g. Bericht der M.O.E. GmbH mit sofortiger Wirkung zurückgezogen (MOE-20-PL-0032-AK-BR1-V1.0 vom 07.05.2020).

Zusätzlich zu einer neue Lärmimmissionsmessung, fordern wir erneut eine Erfassung aller diffusen Emissionen (Lärm, Staub, Gestank) auf dem Gelände des Asphaltmischwerkes Wegener!

  • Auch der Stadtverwaltung scheint bewusst geworden zu sein, dass die erfolgte Lärmimmissionsmessung nicht korrekt war, denn sie ändert den Bebauungsplan 34 so, dass die Lärmkontingentierung anders aufgestellt wird.

Bürgermeister Bonse erläuterte die Vorlage in der Hauptausschuss-Sitzung vom 08.10.2020 folgendermaßen:

Auszug aus der Niederschrift

Sachverhalt

,,Durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans Nr. 34 der Stadt Wahlstedt aufgekommen. Hierbei geht es um folgende Bestandteile des Bebauungsplans

-Ausweisung eines Gewerbegebiets mit ausschließlich eingeschränkten Gewerbeflächen (Beschränkungen des zulässigen Lärms)

Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen eingeschränkte Gewerbegebietsflächen nur ausgewiesen werden, wenn an anderer Stelle im Stadtgebiet ein Gewerbegebiet ohne solche Einschränkungen vorliegt.

Dies soll durch einen Verweis auf das Hochregallager der Fa. Pelz, welches durch einen Bebauungsplan überplant ist und ein uneingeschränktes Gewerbegebiet ausweist, behoben werden. Lärm verteilt auf vier Betriebe, ist besser als verteilt auf drei Betriebe! Anmerkung des Verfassers

Fehlender Hinweis auf die Verfügbarkeit und Einsichtnahmemöglichkeit in eine DIN-Vorschrift, welche zum Bestandteil des Bebauungsplans gemacht wurde.

Der notwendige Hinweis soll in den Bebauungsplan aufgenommen werden.

Es wird angestrebt, die Planänderung durch eine ausschließliche Änderung des Textteils zu erreichen.“

Auf Nachfrage,“ was es mit den Unregelmäßigkeiten bei der Aufstellung des B-Planes auf sich habe, teilte Herr Bürgermeister Bonse mit, dass davon nicht die Rede sein könne. Es habe ja aber Beschwerden bzw. Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern gegeben, denen man natürlich mit der gebotenen Sorgfalt und Gründlichkeit nachgehen werde. Sollte es in Teilbereichen zu rechtswidrigen Inhalten oder Vorgehensweisen gekommen sein, müssten diese entsprechend gewürdigt werden, was dann zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen könnte. Die Bekanntmachung der Änderung soll schnellstmöglich ortsüblich erfolgen und im Internet abgerufen werden können.“

Wir warten auf weitere Informationen über die 1. Änderung des B-Plans 34 im Internet und in den Printmedien und werden diese akribisch im Auge behalten!

  • Von der Firma Wegener wurde ein Planfeststellungsantrag zur Unterwasserauskiesung für einen Zeitraum von 15 Jahre!!! gestellt. Angestrebte Abbaukapazität: 100000 Tonnen/Jahr!!!

Was das an zusätzlichem Lärm für die Anwohner bedeutet, wissen alle, die schon 2009 gegen die erheblichen Belastungen Widersprüche erhoben haben. Dies muss erneut geschehen, da das Ausmaß des aktuellen Antrages noch viel umfangreicher als damals ist. Daher müssen unbedingt zahlreiche neue Widersprüche gestellt werden!

Einzelheiten sind bis zum 15.01.2021 im Rathaus in Wahlstedt und im Internet nachzulesen auf:

https://www.uvp-verbund.de/trefferanzeige?docuuid=ED3E5885-D1B7-4816-ABC0-724BA2746F00&plugid=/ingrid-group:ige-iplug-sh&docid=ED3E5885-D1B7-4816-ABC0-724BA2746F00

Ende der Einspruchsfrist ist unwiderruflich der 12.02.2021!!!!

  • Die Gründung des Bürgerprotest-Asphaltmischwerk-Wahlstedt als eingetragener Verein fand am Sonntag, den 30.08.2020 nach ,,Coronabedingter“ Verzögerung nun endlich statt. Somit sind wir nun ein eingetragener Verein!
  • Wir suchen weiterhin Unterstützer bei unseren Bemühungen für ein lebenswerteres Wahlstedt. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie uns unterstützen möchten! Wir freuen uns auf Sie!
  • Ein Treffen unseres Vereins ist immer noch in Planung und wird sobald es wieder erlaubt ist, so schnell wie möglich stattfinden
  • Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie unser Engagement auch weiterhin unterstützen – mit Worten, tatkräftiger Mitarbeit und finanzieller Hilfe. Dafür danken wir Ihnen schon im Voraus!

Bleiben Sie gesund!

Ihr Bürgerprotest-Asphaltmischwerk-Wahlstedt

WAHLSTEDT KOMMT NICHT ZUR RUHE

Lange Zeit war es am südlichen Stadtrand von Wahlstedt – zumindest um den Kiesabbau – still geworden. Nun soll es wieder losgehen:

Die Fa. Wegener, ein Großkonzern in Sachen Baustoffe, hat einen Antrag gestellt. Sie möchte bis zum Jahr 2035 jährlich 100.000 t Kies aus der Kiesgrube Wahlstedt schürfen.

Unterwasserauskiesung

Auf den ersten Blick sehen die Antragsunterlagen makellos aus – Gutachten zu Lärm- und Staubentwicklung, ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag und Umweltverträglichkeitsgutachten (UVG) liegen vor und verheißen kein Ungemach. Es würden alle Grenzwerte und Auflagen erfüllt, die Kiesgrube schrittweise renaturiert, alle Eingriffe ausgeglichen. Bei oberflächlicher Betrachtung: ja.

Doch schaut man etwas genauer hin, stellen sich viele Fragen. Um die Problematik um diesen Antrag zu verstehen, muss man in die Vergangenheit  schauen.

Ursprünglich einmal sollte der Kies in Trockenbauweise gewonnen werden, doch – was für ein „Pech“ – durch die zu tiefe Schürfung wurde eine Grundwasserader getroffen, und fortan musste der Kies in Nassbauweise gewonnen werden. Ein Umstand, der hier natürlich nur zufällig ein Vielfaches an Profit versprach. Die Abbaugenehmigung aus dem Jahre 2005 für die Fa. Papenburg AG beinhaltete eine Befristung auf fünf Jahre. Diese Befristung erfolgte, um die Renaturierung sicherzustellen.

Während der Abbauphase kam es zu erheblichen Lärmbelastungen für die angrenzenden Wohngebiete.

Doch einige Jahre später  wurde die Kiesgewinnung eingestellt, ohne dass mit der Renaturierung  begonnen wurde.

Zwischenzeitlich erhielt die Firma anscheinend sogar eine Abbauverlängerung bis Ende 2020. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Fa. Wegener – inzwischen Rechtsnachfolger der Fa. Papenburg – nicht einen einzigen Schritt der Renaturierungsmaßnahmen, wie sie in der Abbaugenehmigung vorgeschrieben sind, umgesetzt.

Die Firma Wegener möchte nun die Kiesgrube um weitere 15,7 ha erweitern.

Der Kreis Segeberg will mit diesem Antragsverfahren dem Konzern ermöglichen, weitere Millionen Euro zu verdienen, anstatt die Renaturierung endlich durchzusetzen.

Zwischenzeitlich hat die Natur längst begonnen, dieses Gebiet zurückzuerobern. Biotope sind entstanden, seltene Pflanzen und Tiere (Vögel z.B.) haben hier eine neue Heimat gefunden.

Auch die Haselmaus lebt in der Kiesgrube
Innerhalb des Untersuchungsraumes (vgl. Teil B6 des Antrages -Biologischer Ergebnisbericht) wurden:
Verschiedene jagende Fledermäuse,
Kammmolch (Triturus cristatus) und
Haselmaus (Muscardinus avellanarius) als Arten des Anhanges IV nachgewiesen
.

All dies soll nun wieder zerstört, später „ausgeglichen“ werden. Dieser sogenannte Ausgleich existiert allerdings nur auf dem Papier, zulasten der Biotope und Knicks soll überwiegend die Wasserfläche vergrößert werden (vgl. UVP) ! Ein Ausgleich „light“ sozusagen, mit deutlich reduziertem Umfang.

Noch zynischer ist die häufig gebrauchte Formulierung, die Eingriffe in die Natur wären ja nur auf ein geringes Maß begrenzt, da diese Abbaugenehmigung einen Verzicht auf den Abbau auf einer zweiten, westlich gelegenen Fläche, bedeute. Tatsächlich wird an anderer Stelle in den Antragsunterlagen deutlich, dass es sich um einen „temporären“ Verzicht handelt und der Konzern sich eine gesonderte spätere Antragstellung für einen weiteren Abbau der westlichen Flächen vorbehält. Da löst sich dieser sogenannte Vorteil in Luft auf.

Aus diesem Kontext ergeben sich die folgenden Fragen:

  1. Warum werden die in der abgelaufenen Abbaugenehmigung vorgeschriebenen Renaturierungsmaßnahmen  seitens der Behörden nicht durchgesetzt?
  2. Warum akzeptiert die Behörde eine derartige nachträgliche Reduzierung der Ausgleichsmaßnahmen zulasten der Natur?
  3. Welche Vorsorge wird getroffen, um zu verhindern, dass sich Konzerne ihren Renaturierungspflichten entziehen?
  4. Ist es überhaupt rechtens, vorgeschriebene  Ausgleichmaßnahmen in diesem Umfang nachträglich zu reduzieren?

Eva Holm,  04.01.2021

Fotos: Bürgerprotest-Asphaltmischwerk-Wahlstedt

Die Antragsunterlagen finden Sie auf:

https://www.uvp-verbund.de/trefferanzeige?docuuid=ED3E5885-D1B7-4816-ABC0-724BA2746F00&plugid=/ingrid-group:ige-iplug-sh&docid=ED3E5885-D1B7-4816-ABC0-724BA2746F00

Widerspruch nur möglich bis zum 12.02.2021!